Der Physiker Dr. Julian Schmitt möchte in seinem Projekt eine Strategie entwickeln, mit der neue und besonders stabile Quantenzustände in offenen Systemen erzeugt und beobachtet werden können. Sein Interesse richtet sich dabei auf Zustände der Materie, die einen topologischen Charakter besitzen, den sie aufgrund ihrer Kopplung an die Umgebung erhalten. Hintergrund: Die Topologie, also die mathematische Untersuchung von Formen und ihrer geometrischen Eigenschaften, ist ein wichtiges universelles Grundkonzept für unser heutiges Verständnis von Materiezuständen im Kleinen wie im Großen – von atomaren Systemen bis hin zur Astrophysik. Darüber hinaus weisen topologische Materialien ein besonders hohes Maß an Robustheit auf und sind damit insbesondere aus technologischer Sicht hochinteressant. Anders als bislang angenommen muss Offenheit nicht unbedingt eine Begrenzung für solche topologischen Systeme darstellen, sondern kann, wie von Schmitt vorgeschlagen, sogar ein Werkzeug zur Erzeugung von topologischen Zuständen werden.
In seinem Projekt „TopoGrand“ plant Schmitt die Entwicklung eines neuartigen photonischen Systems, das Bose-Einstein-Kondensate aus Lichtteilchen in Anordnungen kleinster optischer Mikroresonatoren einsperrt. Das Ziel: neuartige topologische Zustände aus Licht zu erzeugen und zu beobachten. Bahnbrechend ist hierbei insbesondere, dies bei Raumtemperatur zu tun. Julian Schmitts Ansatz und die so möglich werdenden Experimente können für diverse Anwendungen relevant sein, beispielsweise für die Informationsverarbeitung auf photonischen Chips. Aus der Perspektive der Grundlagenphysik wird er mit seinem Projekt die sich abzeichnenden Verbindungen zwischen Photonik, Systemen aus kondensierter Materie und Quantencomputern erforschen. Der ERC Starting Grant für das Projekt ist mit rund 1,5 Millionen Euro dotiert.
Nach seinem Physikstudium und der Promotion an der Universität Bonn forschte Julian Schmitt an der University of Cambridge als Postdoktorand und ist seit mehr als zwei Jahren Junior Principal Investigator an der Universität Bonn. Sein Fachgebiet ist die experimentelle Forschung mit Quantensystemen aus Licht und Materie. In seiner bisherigen Forschungstätigkeit hat er zu wichtigen Erkenntnissen in der Physik niedrigdimensionaler Quantengase beigetragen. Hierzu arbeitete er an Experimenten mit photonischen und ultrakalten atomaren Systemen, in denen Quanteneffekte unter extremen Bedingungen und mit großer Flexibilität kontrolliert und untersucht werden können. 2020 erhielt er einen Independence Grant des Exzellenzclusters ML4Q.