Vom 5. bis 9. Oktober 2015 fand im Physikalischen Institut die erste Lehrerfortbildung zur Elementarteilchenphysik statt, die von der Universität Bonn angeboten wurde. Es nahmen 55 Lehrerinnen und Lehrer an der Veranstaltung teil.
Vorlesungen
Das Vormittagsprogramm bestand aus zwei Vorlesungen, unterbrochen von einer Kaffeepause, die Gelegenheit zu Nachfragen und Diskussion bot.
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Von 9.00 Uhr bis 10.45 Uhr hielt Prof. Klaus Desch täglich eine Vorlesung zu den Grundlagen der Elementarteilchenphysik. Dabei schlug er einen großen Bogen, beginnend mit der Definition von Teilchenphysik, über grundlegende Konzepte (z. B. Symmetrien) und Begrifflichkeiten (z. B. Wechselwirkung, Wirkungsquerschnitt) sowie die einzelnen Wechselwirkungsarten der Elementarteilchen und deren Austauschteilchen bis hin zum Higgs-Mechanismus und offenen Fragen der Teilchenphysik.
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Die zweite Vorlesung fand von 11.15 Uhr bis 12.30 Uhr statt und wurde (außer am Montag) von Prof. Jochen Dingfelder gehalten. Diese Vorlesung fokussierte auf die experimentell-technischen Methoden, die in der Elementarteilchenphysik Anwendung finden, beginnend bei Teilchenbeschleunigern über unterschiedliche Detektorsysteme bis hin zur Datennahme und Analyse. Am letzten Tag streifte die Vorlesung abschließend Themen aus dem Grenzbereich von Teilchenphysik und Astrophysik wie z. B. die Frage nach der Dunklen Materie und der Dunklen Energie, die häufig in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen thematisiert und entsprechend oft von physikalisch interessierten Schülerinnen und Schülern nachgefragt werden.
Laborprogramm
Nachmittags fand ein ca. dreistündiges Laborprogramm statt, bei dem einerseits verschiedene Labore aus dem Bereich der Teilchenphysik und andererseits Angebote des zdi-Schülerlabors Physikwerkstatt Rheinland bzw. des Standorts Bonn von Netzwerk Teilchenwelt vorgestellt wurden.
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Montags stand die Besichtigung der hauseigenen Beschleunigeranlage ELSA (Elektronen-Stretcher-Anlage) auf dem Programm. Passend dazu wurde die vormittägliche Vorlesung über Beschleuniger von Priv.-Doz. Wolfgang Hillert gehalten, dem Leiter der Bonner Beschleunigeranlage. Nach der Mittagspause ergänzte er seine Vorlesung um einen Einführungsvortrag über ELSA, bevor die Besichtigung der Anlage in Kleingruppen von ca. 15 Personen stattfand. Den Kleingruppen wurden dabei von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. Doktorandinnen und Doktoranden der Kontrollraum, die Beschleunigerhalle sowie die an ELSA angeschlossenen Experimente gezeigt und vorgestellt.
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Während der beiden folgenden Nachmittage wurden in sechs Kleingruppen drei Labore und drei experimentelle Angebote in jeweils einstündigen Führungen bzw. Workshops vorgestellt: Im Rotationsprinzip konnte jede Kleingruppe alle Laborführungen und Workshops besuchen. Die Laborführungen umfassten zum einen das Zyklotron des Helmholtz-Instituts für Strahlen und Kernphysik, das TPC-Labor der Arbeitsgruppe Desch, in dem Entwicklungen für den Prototyp der Time-Projection-Chamber am zukünftigen Linearbeschleuniger ILC durchgeführt werden, sowie das SiLab, in dem Entwicklungen für den Silizium-Pixeldetektor am ATLAS- sowie am Belle 2-Experiment durchgeführt werden. Die Workshops beschäftigten sich mit dem Eigenbau kleiner Nebelkammern, dem Nachweis und der Messung der Lebensdauer von Myonen mittels Kamiokanne sowie dem Nachweis von Myonen mittels Szintillationszählern. Über das Netzwerk Teilchenwelt ist die Physikwerkstatt Rheinland mit diesen Experimenten ausgestattet, so dass die Lehrerinnen und Lehrer überwiegend selbst experimentieren konnten. Lediglich beim Workshop mit der Kamiokanne wurde das Experiment einmal vorgeführt und anschließend Daten zur Auswertung zur Verfügung gestellt.
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Am Donnerstag Nachmittag wurden die Grundzüge einer Masterclass zur Teilchenphysik vorgestellt: Dabei konnten die Lehrerinnen und Lehrer selber Daten des ATLAS-Experimentes auswerten.
Abschlussrunde
Am abschließenden Freitag Nachmittag, nach einer detaillierteren Vorstellung der Angebote der Physikwerkstatt Rheinland und des Bonner Standorts von Netzwerk Teilchenwelt, wurden die Lehrerinnen und Lehrer gebeten, einen Evaluationsbogen auszufüllen. Danach erhielten diese die Gelegenheit in lockerer Runde bei Stickstoffeis und physikalischen Spielereien noch einmal persönlich mit den Dozenten und Organisatoren der Lehrerfortbildung ins Gespräch zu kommen.
Die Evaluationsergebnisse und die zahlreichen individuellen Rückmeldungen bestätigten den Eindruck von Organisatoren, Dozenten und Leitern der Nachmittagsveranstaltungen, dass Konzept und Umsetzung der Lehrerfortbildung von der Zielgruppe sehr positiv aufgenommen wurden. Da alle Beteiligten die Veranstaltung als sehr interessant empfanden, streben die Organisatoren an, die Lehrerfortbildung in den Herbstferien 2016 zu wiederholen.